Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts sind im bayerischen Schwaben noch nicht viele Bücher mit Mundartgedichten erschienen. Am weitesten verbreitet sind die teils etwas derben Gedichte des bereits 1828 verstorbenen Carl Weitzmann, doch Johann Georg Scheifele schließt nach seinem Debüt 1847 in Verbreitung und Beliebtheit rasch zu ihm auf. Auch seine folgenden Bände kommen gut an und finden bis zum Ende des Jahrhunderts zahlreiche Käufer. In den 1870er Jahren folgen ihnen zwei mittelschwäbische Autoren nach, die rasch zu den einflussreichsten und bekanntesten Mundartautoren Schwabens avancieren, Joseph Fischer und Franz Keller.

Franz Keller

Altersbildnis Kellers aus Holders Geschichte der schwäbischen Mundartliteratur 1896

Letzterer, ein Vertreter der dichtenden Theologen, wurde am 24. Oktober 1824 in Günzburg als siebtes und letztes Kind eines Weißgerbers geboren. Da seine Begabungen schon als Kind augenfällig waren, konnte er trotz armer Eltern, durch Unterstützung von mehreren Seiten studieren und Pfarrer werden. 1849 tritt er seine erste Stelle als Kaplan in Altusried an und bleibt dort für sieben Jahre. Erst 1849 wird er versetzt in die die Nähe seiner Heimat und kann die kleine Pfarrei Waldkirch bei Burgau als Pfarrkurat übernehmen Das Reimen machte ihm schon in der Jugend Freude und so las er als junger Pfarrer immer wieder aus seinen Mundartgedichten vor. Doch erstmals veröffentlicht hat er sie erst 1872 im Kösel Verlag in Kempten unter dem Titel Doaraschleah von oigene und frende Hecka. Sie verbreiteten sich rasch, unterstützt durch seine Lesungen und erlebten schnell mehrere Folgeauflagen. Seine Texte werden zu Klassikern und immer wieder dem Volksmund zugeschrieben, unterstützt wohl auch durch die Tatsache, dass er Bearbeitungen nach fremden Texten aufnimmt.

Er wird Mitarbeiter der Jugendblätter von Isabella Brauns, die aus dem nahen Jettingen stammt, und schreibt hierfür passende Kindergedichte. Ein Anliegen ist ihm auch immer die Verbreitung seiner Gedichte mit karitativen Maßnahmen zu verbinden, so unterstützt er die Cretinenanstalt in Glött und die Neugründung von Kloster Ursberg. 

Kellers erstes Buch, hier in der zweiten Auflage von 1874
Kellers zweites Buch "Etle Hagabutza' "
Kellers drittes Buch, hier die dritte, posthum erschienene Auflage, 1900 herausgegeben von Johann Miller

Ein zweiter Band Etle Hagabutza‘ folgt 1874, ein dritter zu Gunsten der Kretinenanstalt in Glött Erdbörla os m Wald 1875. Duranand heißt ein vierter 1881 veröffentlichter Band, dem 1887 ein fünfter Band Zum Besten der Kretinen- und Blindenanstalt in Ursberg folgt unter dem Titel Brau’börla.

Nach zahlreichen Gesuchen um Versetzung auf eine bessere Pfarrstelle wird er 1876, unterstützt durch seine literarisch-karitativen Unternehmungen, auf die schöne Pfarrei Unterroth bei Illertissen befördert. Hier steigt er auf zum Kammerer, später zum Dekan und stirbt dort nach über zwanzigjähriger Tätigkeit hochgeachtet am 8. Oktober 1897.

1891 hatte er noch einen sechsten Band Mundartgedichte unter dem Titel Hoidlbörla‘ herausgebracht, dem posthum 1898 ein siebter und letzter Band aus dem Nachlass als Himbörla‘ folgt.

Viertes Buch Kellers in der Erstauflage von 1881, die erstmals das nebenstehende Porträt enthielt
Porträtfotografie Kellers aus jüngeren Jahren, die seit 1881 dem Titelblatt vorangestellt wurde
Fünftes Buch Kellers 1887 Zum Besten der Kretinen- und Blindenanstalt in Ursberg erschienen
Sechstes und letztes Buch Kellers das noch zu seinen Lebzeiten erschien, Umschlag der Originalbroschur
Widmung Kellers an den Regierungspräsidenten Winfried von Hörmann

Der Kösel Verlag ließ die sicherlich noch in ausreichender Anzahl vorhandenen Bücher Kellers in späteren Jahren in ein- und zweibändigen Gesamtausgaben, gebunden in dekorative Ganzleinenbände, aufbinden.

Einbändige Gesamtausgabe von Kellers Gedichten, zusammengestellt aus den Einzelauflagen