Auf diesen Seiten wird es Gedanken, Informationen und Texte über Autorinnen und Autoren aus meinen Interessensgebieten geben. Darunter Schriftsteller aus meiner Heimatregion, wie Sebastian Sailer und Franz Xaver Jann, schwäbische Mundartautoren, insbesondere aus Bayerisch Schwaben, aber auch über bekannte und vielen unbekannte deutschsprachige Schriftsteller die mir am Herzen liegen.

 

Deutschsprachige Lyrik des 20. Jahrhunderts

Kunst, Künstler und ihre Wurzeln als Spiegel gesellschaftlicher Entwicklung

Jedwede künstlerische Tätigkeit geschieht auf der Basis  der ihr zugrunde liegenden gesellschaftlichen Verhältnisse, sie spiegelt diese in allen nur denkbaren Facetten wider. Kunst nimmt alles auf und gibt es wieder, wirtschaftlichen Erfolg und Reichtum, wie auch Knappheit und existenzielle Not, Spannungen und Unruhe, sozialen Frieden und Entspannung, Zucht und Unzucht, Sicherheit im Inneren und Äußeren, aber auch Bedrohung, Gefahr und Angst.

Die deutsche Literatur, wie alle andere Kunst, begann um die Jahrhundertwende des Jahres 1900 auf einem historischen, bis heute, trotz einer fast 80-jährigen Friedens- und Aufbauphase, unerreichten Höhepunkt. Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts war geprägt von einem erfolgreichen wirtschaftlichen Aufbau und dessen, zuvor völlig unvorstellbarer sozialen Sicherung.  Die Kunst lief in diesen Bahnen mit. Doch nach gebetsmühlenartigem Abspielen historischer Stilepochen im Zehnjahresrhythmus war zum Beginn des neuen Jahrhunderts erstmal wieder eine tiefgreifende künstlerische Neuschöpfung gelungen, der Jugendstil zelebrierte mit seiner Pracht ein neues Lebensgefühl in modernen, nie gesehenen Formen. 

Auch die Lyrik startete von diesem Gipfel ins neue Zeitalter. Das alte war geprägt von üppigen Romanwelten, von Wert und Ehre der Erzählwerke Gottfried Kellers, Theodor Storms und Theodor Fontanes und heftigem, theaterfüllendem Dramatismus Friedrich Hebbels. Ihre Lyrik, obwohl durchaus beachtenswert, blieb immer im Schatten, denken wir nur an Storms 1852 geschriebene „Die (graue) Stadt“ oder Fontanes Balladen, so das unvergessliche, 1889 erstmals erschienene des „Herrn Ribbeck von Ribbeck im Havelland“. Hebbels jahreszeitliche Gedichte „Sommerbild“ und „Herbstbild“, die in keiner Anthologie deutscher Gedichte fehlen, sind am Vergessenwerden, um so unverständlicher, wenn man im „Herbstbild“ eine der zentralen Wurzeln von Rilkes  „Herbsttag“ sieht. Gegen Ende des Jahrhunderts wurden die Gedichte leichtfüssiger, milder, leidenschaftlicher und erotischer, dafür stehen Namen wie Detlev von Liliencron („Einen Sommer lang“) und Richard Dehmel. Der Lyrik des 20. Jahrhunderts war durch diese Vorarbeit und die neuen Entwicklungen eine optimale Startbahn bereitet, deren Chancen viele ohne weiteres Zögern nutzten, einer der bekanntesten darunter 1898 Hermann Hesse mit seinem Erstling „Romantische Lieder“. Viel erwähnenswerter aber sind drei Lyriker dieser Zeit, die bis heute unangefochten in der ersten Reihe dieser Gattung stehen, Hugo von Hofmannsthal, Stefan George und Rainer Maria Rilke.

Fortsetzung folgt